Vor 3 Jahren starb der Münchner Maler Josef Wahl. Wegen Corona konnte für ihn bisher keine Abschiedsfeier veranstaltet werden. Jetzt ließ sich Herta Uhl, die Wirtin des „Bratwurstherzl“ beim Viktualienmarkt etwas ganz besonderes einfallen. Da der Künstler bei ihr seinen „Hauptstammtisch“ hatte, mietete sie am Sonntag, 19. März 2023, dem Namenstag vom Josef, nur für ihre Stammgäste die Asamkirche in der Sendlinger Straße. Frau Uhl vereinbarte mit dem Pfarrer, dass er eine Messe liest und zum Abschluss der Karikaturist und „Münchner Turmschreiber“ Franz Eder eine Laudatio auf den Künstler hält.
Hier nun der Text seiner Rede:
Liebe Freunde des Malers, Zeichners und Münchner Originals Josef Wahl.
Mit Josef Wahl verband mich eine fast 40jährige Freundschaft und ich schätzte ihn als Mensch und als Künstler. Sein Engagement in vielen Vereinen und Organisationen war auch für mich außergewöhnlich und er verstand es ausgezeichnet, Menschen zu motivieren. Oft hörte ich sein aufmunterndes: „Dees machst Du scho!“.
Nicht nur dieses „Dees machst Du scho!“ fehlt mir heute, sondern uns allen fehlt der Josef Wahl!
- Er war Jahrgang 1936 und ausgebildeter Farblithograph mit Meisterprüfung.
- Niemand konnte damals ahnen, dass es wegen grundlegender Veränderungen in der Drucktechnik, diesen Beruf einige Jahre später nicht mehr gab.
- Deshalb wagte er mit Erfolg einen Neubeginn bei der Bank.
- 1960 heiratete er seine Helga und 1968 kam Sohn Stefan zur Welt.
- Er gründete den „Künstlerkreis 83“ in Pasing
- und widmete sich ab 1985 ganz der Malerei.
- Sein künstlerisches Lebenswerk umfasst 1300 Bilder, die in vielen Büchern und Kalendern gedruckt wurden und er gestaltete 12 Jahre lang die Orden der Münchner Faschingsgesellschaft „Würmesia“.
Der typische Stil eines Künstlers entspricht auch der Mentalität und dem Wesen dieses Menschen.
Jeder, der nicht die Möglichkeit hatte, Josef Wahl persönlich kennenzulernen, hat mit großer Wahrscheinlichkeit schon Bilder von ihm gesehen.
Er mochte keine schreienden Farben, aber auch düstere Stimmungen lagen ihm fern. Alles harmoniert und es macht einfach Freude, diese Bilder zu betrachten.
Seine Werke brauchen auch keine hochtrabenden Erklärungen, was der Künstler damit ausdrücken wollte.
- Es sind immer klare Linien!
- Er malte in hellen und freundlichen Farben
- und vergaß kein wichtiges Detail – wie auf einer Fotografie!
- Alles auf seinen Bildern ist einfach „so wia´s is“ bzw. „wia´s war“.
Und so wie er malte, so war er auch, der Josef Wahl!
- Klare Linie!
- Hell und freundlich!
- Und wenn er sagte: „So is dees!“, konnte man sich darauf verlassen, „dass dees aa a so is“!
Interessant finde ich auch die Personen auf seinen Bildern. Man erkennt oft Gesichter von Freunden. Auf einem Biergarten-Bild fand ich sogar den Künstler selbst, wie er im Festtags-Gwand am Biertisch sitzt und eine Szene dort auf einem Blatt Papier festhält.
Eines Tages fragte er, ob ich mich eigentlich auch sozial engagiere. Ich drückte ein bisschen herum, worauf er meinte: „Na, ja, ich merk‘ schon!“ „Aber als Künstler musst du dich auch sozial engagieren und ich hab da schon was für dich!“

Er unterstützte mit seinem Engagement nicht nur das „Ambulante Kinderhospiz München“ und damit das jährliche Straßenfest vor dem „Bratwurst-Herzl“ auf dem Dreifaltigkeitsplatz, sondern auch die Hilfsorganisation „Helfende Hände“, für Kinder mit schwersten Behinderungen. Deshalb schlug er vor, dass ich als Karikaturist auf einer von ihm mitorganisierten Veranstaltung dieser Organisation Schnell-Porträts zeichnen solle und das dafür eingenommene Geld dieser Organisation stifte. Dann meinte er: „Zeichne aber auch diese Kinder! Aber, zeichne sie nicht so, wie du sie siehst, sondern versuche sie so darzustellen, wie diese armen behinderten Kinder sich gerne selbst sehen würden! “
Das war eine meiner schwierigsten Aufgaben. Aber an der freudigen Reaktion dieser Kinder sah ich, dass es mir gelungen war. Auch Josef Wahl freute sich riesig darüber!
Was ihn auch aus der Masse der Künstler herausgehoben hat, war die Tatsache, dass ihm der Begriff „NEID“ völlig fremd war. Er schaute nicht nur auf sich, sondern er gab anderen Künstlern gute Hinweise und knüpfte, wenn er es für nötig hielt, sogar Kontakte für sie.
Ein Münchner Geschäftsmann wollte das grafische Erscheinungsbild seines Geschäftes komplett verändern und da er bereits Bilder von Josef Wahl besaß, fragte er ihn, ob er diese gestalterische Aufgabe in seinem Stil übernehmen möchte. Der Geschäftsmann erzählte mir später: „Josef Wahl blieb ganz ruhig und sagte „Nein!“ -„Nein, denn ich kenne jemanden, der ist dafür geeigneter!“ Danach rief er mich an und gab mir diesen Auftrag weiter. „Dees machst du scho!“
Übrigens, wenn jemand zu Münchner Lokalpolitikern oder anderen bekannten Persönlichkeiten sagt: „Kommens doch amal zu unserm Stammtisch im Bratwurstherzl!“ …und die kamen dann auch, dann muss dieser Einladende entweder selbst prominent sein, eine besondere Ausstrahlung haben, oder wie bei Josef Wahl, beides zusammen. Ich möchte nur 2 Namen nennen, die beide dann lange Zeit regelmäßig zu diesem Stammtisch kamen, den Eiskunstlauf-Olympiasieger und Weltmeister Manfred Schnelldorfer und den großartigen internationalen Star-Trompeter Roy Etzel.
Dass dieser Stammtisch jedoch keine reine Männerdomäne ist, kann auch die Schriftstellerin und Münchner Turmschreiberin Monika Pauderer bestätigen, von der auch schon ein Buch mit Bildern von Josef Wahl erschienen ist.
Für seine Arbeit bekam er viele Auszeichnungen:
- Die Münchner Turmschreiber ehrten ihn „für sein malerisches Lebenswerk“ mit dem Bayerischen Poetentaler.
- Von der Stadt München erhielt er die Medaille „München leuchtet“ in Silber.
- Er bekam auch die „Bezirksmedaille für Kultur und Heimatpflege“ des Bezirks Oberbayern.
- Natürlich überreichte man ihm auch die „Goldene Rose“ seines Pasinger Künstlerkreises 83.
Zu den Auszeichnungen fällt mir folgende Geschichte ein:
Josef Wahl und ich lernten uns 1984 in der legendären „Schwabinger Katakombe“ kennen. Die „Katakombe“ war damals der Münchner Treffpunkt für Künstler und Kulturschaffende. Wenn man dort als Künstler überzeugt hatte und als solcher anerkannt war, konnte man in den inneren Kreis der „Katakombe“ aufgenommen werden. Man war dann nicht „Mitglied“ der Katakombe, sondern man war dann eine „Assel“.
Und so wurden am Abend des 14. April 1987 Josef Wahl und ich ganz zufällig zusammen „Asseln“!
Wie muss man sich nun eine „Asseltaufe“, also eine solche Aufnahme-Zeremonie, vorstellen?
Der Leiter der „Katakombe“ entkorkte eine Flasche Sekt, hielt uns jeweils einen Trichter über unseren Kopf und goss Sekt in diesen Trichter. Nun geschah etwas Sonderbares: Wir wurden nicht nass dabei! Der „Katakomben“-Chef hatte einen Finger gegen die untere Öffnung des Trichters gepresst und damit abgedichtet.
Nach jedem Aufnahme-Vorgang trank er mit Genuss den Trichter aus, denn, wie er anschließend erklärte, wäre es jammerschade gewesen, diesen köstlichen Tropfen an Josef Wahl oder Franz Eder zu verschwenden!
Das nahm ihm keiner übel, die Symbolik reichte völlig aus!
Viele Münchner kannten Josef Wahl und auch er kannte eine Menge Leute.
Darüber nun folgende Geschichte:
Über den Viktualienmarkt, also vom Bratwurst-Herzl zum Karl-Valentin-Brunnen schafft man es zu Fuß in 3 Minuten. Ging man jedoch mit Josef Wahl, konnte man diese Zeit vergessen.
Er wolle mich jetzt allen Händlern auf unserer Strecke kurz vorstellen, die von ihm schon ein Bild erworben hatten, oder die er einfach gut kannte. Und weiter meinte er: „Lass Di dann ab und zua da wieder seng und ganz wichtig – reeed mit de Leut! Vielleich wolln de dann von Dir aa amoi a Buid kaffa! Aber dees machst du scho!“ Da wir einen besonderen Termin hatten, war nicht viel Zeit. Wir schafften diese 3-Minuten-Strecke dann immerhin in 30 Minuten.
Ich glaube, das treffendste Kompliment für diesen talentierten Maler kam von Professor Rudolf Seitz, dem ehemaligen Präsidenten der Akademie der Bildenden Künste in München:
„Josef Wahl ist ein Poet mit dem Pinsel, ein Schilderer mit einer unerschöpflichen Erzählkunst, der Heimat, der Geschichte und dem Brauchtum verbunden!“
Ich bedanke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.
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