Ein Nachruf von Turmschreiber Alfons Schweiggert
Josef Fendl starb am Samstagmittag, den 18. Juni 2022, in Neutraubling im Alter von 93 Jahren. Als ich die Nachricht erhielt, fiel mir ein, was er mir einmal sagte: „Mir braucht keiner was nachzurufen, wenn ich mal gestorben bin. Lieber ist mir, dass mich einer anruft, wenn ich noch am Leben bin.“ Und wenn man das tat oder sich mit ihm unter vier Augen unterhielt, dann wusste er viel aus seinem Leben zu erzählen. Statt eines Nachrufs also ein paar Interessante Äußerungen von ihm über die Zeit seiner Kindheit und Jugend.
„Meine Ahnen sind vorwiegend Bauern, Schmiede, Wirte, Holz- und Viehhändler gewesen und konnten die Ergebnisse ihrer Arbeit relativ schnell wahrnehmen. Ich selbst kam am Donnerstag, dem 17. Januar 1929 um halb drei Uhr früh auf diese bucklige Welt, genau an meinem Geburtstag. Und zwar im Bayerischen Wald, wo es damals nicht nur recht kalt gewesen ist, sondern auch dreierlei Menschen gegeben hat: Arme, Bettelleut und solche, die gar nix ghabt habn.“
Am 24. Oktober 1929 begann mit dem Schwarzen Donnerstag dann die Weltwirtschaftskrise und als Josef vier Jahre alt war, kam Hitler an die Macht. Seine Kindheit und Jugend ereignete sich also in schwerer Zeit.
„Mein Vater war Kleinhäusler und Postbote“, so Josef Fendl. „Als einziger Raum unseres Hauses war die Küche zu heizen. Matratzen kannten wir nicht. Wir schliefen auf Strohsäcken, die alle heiligen Zeiteneinmal neu aufgefüllt wurden. In meiner kleinen Kammer war das Fensterden ganzen Winter über vereist und nicht zu öffnen. War es einmal besonders kalt, legte uns die Mutter einen auf der Ofenplatte erhitzten Dachziegel ins Bett. Wir liefen als Kinder barfuß, sobald wir den Kuckuck schreien hörten,und so lange, bis auf den Hütwiesen der erste Reif lag.
Wir haben im Frühjahr noch Steine aus unseren Feldern geklaubt und in einer großen Ziesl (Korb aus Weidenruten) auf die Fahrwege getragen, wirhaben im Sommer Kornmandl aufgerichtet, deren Disteln uns die Arme zerstachen, und haben an nassen Herbsttagen mit krummem Rücken Rüben gezogen und im Winter bei klirrender Kälte im Stadl Gsood (Hächsel) geschnitten. Ich ging noch in Holzschuhen zur Schule und betete beim Vaterunser lange Zeit: `– wie auch wir vergeben unseren Schullehrern!´, bis ich schließlich selber einer wurde und erkannte, daß die Welt – entgegen den Erfahrungen aus meiner Kinderzeit – hinter Straubing noch nicht zu Ende war.
Wenn meine Eltern Brot buken, wurden gleich an die zwanzig Laibe davon in den Ofen geschossen, damit sich die schwere Arbeit des Knetens und das Anheizen des Backofens auch lohnten und keine Hitze vergeudet wurde. Oft wurde dann allerdings der letzte Laib so hart, dass ihn der Vater auf dem Holzstock mit dem Hackl spalten musste.“
Nach dem Abitur in der Lateinschule in Straubing begann Josef Fendl ein Studium der Theologie, wechselte aber zur Pädagogik, wurde Lehrer und brachte es bis zum Konrektor der Realschule Neutraubling. Seine Verwurzelung mit der Heimat zeigte er als Heimatpfleger für den südlichen Landkreis Regensburg, als Gemeinde- und Kreisrat, aber auch als ein Autor, der sich der Erforschung der Heimatgeschichte widmete, etliche bemerkenswerte Ortschroniken und anderer Geschichtswerke veröffentlichte und sich als Herausgeber der Reihe „Beiträge zur Geschichte des Landkreises Regensburg“ einen Namen machte.
Doch eines lag ihm ganz besonders am Herzen: „Weil es in der heutigen Zeit relativ wenig zu lachen gibt“, so erkannte er, „pflege ich besonders gerne den Umgang mit der heiteren Muse. Und weil eine alte Volksweisheit heißt: `Wer einen anderen zum Lachen bringt, erlöst eine Arme Seele aus dem Fegfeuer´, stelle ich meine Lesungen gerne unter das Motto: `Lach di krank, daß d´ gsund bleibst!´“
Als Mitglied unserer Autorenvereinigung Turmschreiber bereicherte Josef Fendl mit seinem Witz und Humor viele Rundfunksendungen und Leseveranstaltungen, in denen er das Publikum zum Lachen brachte. Sein Bestseller „2000 Bauernseufzer“ liegt bis heute in zahllosen Auflagen vor. Doch er war nicht nur ein eifriger Sammler von Volkssprüchen und pfiffiger „Sprücheklopfer“, er war ein Bewahrer des Bairischen, ein Pfleger der bayerischen Sprache und Kultur, kurzum ein „Philosoph des Bayerwaldes“. In seinen mehr als 60 Büchern und unzähligen Artikeln für Zeitungen und Zeitschriften zu den unterschiedlichsten Themen zeigte er sich als ein universeller Geist, der uns allen als Vorbild in bester Erinnerung bleiben wird, auch mit seiner letzten Bitte auf der Trauerkarte, die er an seine Familie, Freunde und Bekannte richtete:
„Tragt bitte wegen dieser Mitteilung keine traurige Miene! Sprecht und lacht mit mir und über mich, wie bisher auch. Lasst Freude und Zufriedenheit in die Scheune Eures Lebens ein: denn diese Ernte kann Euch niemand rauben! Ich warte auf Euch, drüben, `jenseits des Ganges´.“