Glückliche Preisträger

Die Münchner Turmschreiber haben im Wirtshaus im Schlachthof ihre Poetentaler des Jahres 2019 an Maria Peschek, Christoph Süß und Ludwig Zehetner verliehen.

Überschäumende Lebensfreude gepaart mit rauschender Feierlaune war gestern Abend im Schlachthof München angesagt. Schließlich galt es Menschen, die sich um Kunst und Kultur in Bayern ganz besonders verdient gemacht haben, auszuzeichnen und zu feiern. Dies taten neben den Preisträgern u.a. auch zahlreiche Ehrengäste, wie die Schauspielerinnen Johanna Bittenbinder, Ilse Neubauer, Gitti Walbrun, Corinna Binzer, sowie ihre Kollegen Sepp Schauer und Dscharli Braun. Musikalisch genial und in einer sagenhaften Performance eröffnete die junge Volksmusik-Formation „GroßsstadtBoazn“ den Abend, der diesmal mit einer grandiosen künstlerischen Überraschung fulminant endete.

Reportagen

v.l.: Ludwig Zehetner, Maria Peschek und Christoph Süß (Foto: Dieter Schnöpf)

Im dichtgefüllten Festsaal oblag es wie immer Jürgen Kirner zusammen mit der Turmschreiber-Präsidiums-Kollegin Melanie Arzenheimer und -Kollege Wolfgang Oppler den Poetentaler 2019 zu verleihen. Kirner, beschrieb dabei die Preisverleihung als Kultur- und Familienfest der Besten Bayerns!

Unter dem Motto „Es lebe die Vielfalt“ präsentierten sich an diesem Abend auch zwei Neuzugänge der Münchner Turmschreiber, die in ganz unterschiedlichen Bereichen aktiv sind und die süddeutsche Autorenvereinigung damit um weitere kreative Facetten bereichern. Die Autorin und Bloggerin Katharina Lang, sowie der Autor, Übersetzer, Herausgeber und renommierte Lyriker Uwe-Michael Gutzschhahn. Ihre höchst unterhaltsamen Kurzauftritte bereicherten den Abend auf ganz besondere Weise.

Erster Preisträger war Ludwig Zehetner, Mundartforscher, Schriftsteller und Honorarprofessor für bairische Dialektologie, dessen wissenschaftliches Wirken nicht nur Fachkollegen geläufig ist, sondern der – oft auf unorthodoxe Weise – auch eine breite Öffentlichkeit für die Besonderheiten der bairischen Sprache sensibilisiert. In ihrer kurzen, aber sehr treffenden Laudatio lobte Melanie Arzenheimer folgendermaßen: „Professor Dr. Ludwig Zehetner, Honorarprofessor für Bairische Dialektologie an der Universität Regensburg, geboren in Freising und seit über 50 Jahren in der Oberpfalz zu Hause, lebt für die Erforschung der bairische Sprache und ihrer Vielfalt. Von A wie Adabei bis Z wie Zwurgl. Als Forschungsreisenden verschlägt es ihn von Lappersdorf aus bis auf die exotischten Sprachinseln – zum Beispiel nach Regensburg.“ „Man darf ihn auch als den Dr. Sommer der Mittelbayerischen Zeitung oder der Zeitschrift MUH bezeichnen. Während allerdings diesem Dr. Sommer in der Bravo pubertierende Teenager ihre Fragen rund um die Libido stellen, sind es hier gstandne Bayern oder auch verunsicherte Zugroaste, die ihre Dialekt-Probleme geklärt haben möchten. Ludwig Zehetner nimmt sich etwa in der Artikelserie „Frong’s doch den Zehetner!“ dieser Fragen an.“

Kulturpreise und literarische Auszeichnungen gibt es viele in Bayern. Aber kaum ein Preis hat eine so ungebrochene Tradition und ein so großes Ansehen wie der jährlich vergebene bayerische Poetentaler. So empfand es auch die gefeierte Preisträgerin Maria Peschek. Die bereits mehrfach ausgezeichnete Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin, Kabarettistin und Bühnenautorin, sowie stimmgewaltige Ratschkathl mit gestochen scharfem Blick auf die Unzulänglichkeiten und Defekte scheinheiliger Mitmenschen, bedankte sich nach der mehr als treffenden Laudatio von Wolfgang Oppler mit einem umjubelten Kurzauftritt und zeigte, dass ihre Bühnenprogramme nach wie vor unnachgiebige Scharfzüngigkeit mit herzlicher Hinterkünftigkeit verbinden.

Oppler sagte über sie: „Die Maria Peschek ist eine Frau, die mit beiden Haxen im Leben steht, aber auch eine nachdenkliche, verletzliche Frau, eine streitbare, engagierte, fröhliche, alberne, verschmitzte Frau, die mit treffenden Worten Bescheid gibt, wie die Welt funktioniert oder funktionieren sollte. Als Ratschkathl Paula Pirschl in der legendären Kittelschürze. Aber auch in einer ihrer unzähligen anderen Bühnen-, Film- und Fernsehrollen oder als preisgekrönte Kabarettistin.

Schon früh wurde der Maria Peschek dieses „Scharfe“ attestiert. Eine unschlagbare Kombination aus einem scharfen Blick und einer scharfen Zunge. Besonders kommt sie in Fahrt, wenn es gegen Frauen-, Fremden-, Menschenfeindlichkeit geht.

Sie schreibt nicht nur seit über dreißig Jahren ihre Kabarettprogramme. Sie hat nicht nur für den BR jahrelang wöchentliche Glossen verfasst und in ihrer unnachahmlichen Art dargeboten. Sie ist auch ein sehr engagierte Bühnenschriftstellerin. 2003 hat sie mit „Entschuldigung“ ihr erstes Stück für das Theater am Sozialamt verfasst. Viele weitere sind gefolgt.

Wenn man die Maria kennen lernt, fällt wohl als erstes ihr gewaltiges Sprechorgan um nicht zu sagen ihre Goschn auf. Aber wenn man ein bisserl näher hinguckt, erkennt man leicht, die Maria, das ist vor allem ein sehr großes Herz.“

Dritter im Bunde der Preisträger war Christoph Süß, preisgekrönter Kabarettist, Moderator, Sänger und Schauspieler. Mit seinem Politsatire-Magazin Quer legt er regelmäßig den Finger in die Wunden des Alltagswahnsinns. Selbst als nervtötenden Kriminaloberrat Zangel in der Krimiserie „München Mord“ würde ihn niemand missen wollen. Arzenheimer sagte über ihn: „Christoph Süß verleiht der Sendung Quer – und das trotz seines Nachnamens – ordentlich Würze, gegebenenfalls auch Pfeffer, aber nie überdosierte Schärfe. Nur für die Politik wird’s meist kein Zuckerschlecken, wenn Christoph Süß die Ereignisse der Woche ins kabarettistische Visier nimmt.“ „Vermutlich hat Richard David Precht beim Quer Gucken das berühmte Buch geschrieben: Wer bin ich und wenn ja wie viele? Ein Süß kommt schließlich selten allein. Seit 1998 schlüpft er in verschiedenste Rollen, um politische und gesellschaftliche Themen zu kommentieren und die Typen hinter diesen Themen zu persiflieren. Wahrsagerin, Hitler, Starkoch, Helikoptermutti, Jesus, Umweltaktivist, Lieschen Müller stehen unter anderem in seinem Portfolio. Und der Kini. Der darf nicht fehlen.“

Nach der Überreichung des Poetentalers und Urkunde durch das Turmschreiber-Präsidiums-Triumvirat: Kirner – Arzenheimer – Oppler, folgte nicht nur für Christoph Süß, sondern auch für das gesamte Auditorium eine gelungene Überraschung. Wolfgang Krebs, Wegbegleiter und wichtiger „Quer“-Bestandteil gratulierte als Edmund Stoiber. Sichtlich erstaunt, denn er wähnte sich bei der Jahrestagung der Bayerischen Rüstungsindustrie. Was dann folgte war ein kabarettistisches Feuerwerk und eine Generalabrechnung mit der Landespolitik. Sein satirischer Rundumschlag wurde immer wieder durch minutenlange Begeisterungsstürme des Publikums unterbrochen. Fulminanter hätte der Abend nicht enden können.